Der Kopf hinter der neuen Website der Schachbundesliga
Nachgefragt bei Guido Dermann: Der 52-Jährige zeichnet verantwortlich für die Architektur der neuen Website der Schachbundesliga. Bei der Zusammenarbeit mit seiner Agentur "Livingpage" war für die Schachbundesliga Dermanns Erfahrung in der Konzeption großer Portalseiten besonders hilfreich – und seine Kenntnisse im Schach und allgemein im Topsport.
Wie können Unternehmen den digitalen Wandel so gestalten, dass die Mitarbeiter*innen engagiert mitmachen? Das ist eine der Fragen, die Guido Dermann nicht nur bewegen. Der 52-Jährige hilft Firmen, Antworten zu finden. Mit seinen in Münster ansässigen Unternehmen „Livingpage“ und „ai-port“ betreut Dermann eine ganze Reihe von Projekten rund um die Digitalisierung.
Einen Draht zum Sport pflegt er auch, das hängt unter anderem mit dem Volleyball-Bundesligisten USC Münster zusammen, dessen digitalen Auftritt „Livingpage“ konzipiert und umgesetzt hat. Womöglich noch enger ist Dermanns Draht zum Schach, der jetzt dazu geführt hat, dass der 52-Jährige mit seinem Team die Website der Schachbundesliga neu entwickelt.
Guido, die Schachbundesliga kennst du auch als Spieler. In den 80ern hast du für Dortmund-Brackel im Oberhaus gespielt. Was ist aus dem Schachspieler Guido Dermann geworden?
Den gibt es heute nur noch sporadisch. Als Jugendlicher war ich ambitioniert, aber die späten 80er- und frühen 90er-Jahre waren keine einfache Zeit für Leute, die erwogen haben, ihre Schachkarriere voranzutreiben. Der eiserne Vorhang hatte sich geöffnet, die Luft beim Spitzenschach wurde sehr dünn – insbesondere, wenn man auf Preisgelder angewiesen war. Bei offenen Turnieren fuhren plötzlich Autos aus dem Osten vor, denen reihenweise auch bei kleineren Turnieren sehr starke Spieler entstiegen.
Wolltest du Profi werden?
Naja, zumindest noch ein paar Schachjahre dranhängen. Ich war FIDE-Meister und hätte mir vorstellen können, dass ich nach der Schule auslote, wie weit ich schachlich komme. Man lernt ja auch viele Länder kennen, trifft viele interessante Menschen. Aber ich habe mich letztlich dagegen entschieden – wie viele Schachspieler aus dieser Generation. Ich habe zwar noch einige Jahre als Trainer gearbeitet, aber damals angefangen zu studieren, mein Schwerpunkt war die Kombination aus Erziehungswissenschaften und Wirtschaftsinformatik.
"Schach als Bildungsinstrument,
darüber müsste mehr geredet werden"
Und das Schach geriet in den Hintergrund.
Gar nicht einmal, aber es spielte auf andere Weise eine Rolle. Was du dir beim Schach aneignest, ist wertvoll für den Beruf: Konzentrationsfähigkeit, strukturiertes Denken, schnelles visuelles Vorstellungsvermögen und so weiter. Was ich damals gelernt habe, um am Brett auf einer gesunden Basis Entscheidungen zu treffen, hilft mir bis heute im Beruf. Meines Erachtens kann Schach ein wertvolles Bildungsinstrument sein, darüber müsste viel mehr geredet werden.
Verfolgst du die heutige Schachszene?
Die jüngste Entwicklung des Schachs zum Zuschauersport hatte mich schon neugierig gemacht, bevor das Projekt „Schachbundesliga-Website“ begann. Wie ein Sport Aufmerksamkeit erzeugen und Zuschauer gewinnen kann, beschäftigt mich auch, weil ich den Volleyball-Bundesligisten USC Münster lange betreut habe. Auch den Schachsport sehe ich stets durch die Agenturbrille. Was aktuell im Schach passiert, finde ich unheimlich spannend. Beim World Cup zum Beispiel gab es Live-Übertragungen in sieben Sprachen, mehr als in jeder Sportart außer Fußball. Meine Mitarbeiter in der Agentur, die mit Schach nicht so viel zu tun haben, konnten das kaum glauben. Aktuell sehe ich das internationale Schach vor der Frage, ob diese Entwicklung nachhaltig ist, ob etwa die Carlsen-Gruppe die Umsätze generieren kann, die ihren Aufwand rechtfertigen. Für uns als Schachbegeisterte ist das jedenfalls eine tolle Entwicklung, die Spaß macht. Auch beim Finale in Berlin können wir live alle Partien verfolgen, verschiedenen Kommentatoren zuhören.
Wie kam es zur jetzigen Zusammenarbeit mit der Schachbundesliga?
Den Kontakt gibt es schon lange. Wir hatten in den vergangenen Jahren an der einen oder anderen Stelle ausgeholfen und unterstützt, aus Schachverbundenheit heraus, wenn du so willst. Als vor gut einem Jahr klar wurde, dass ein Relaunch der Website sein muss, hat mich das natürlich gereizt. Eigentlich arbeiten wir ja mittlerweile eher für Kommunen oder Verbände, oder wir helfen Unternehmen bei der Digitalisierung, aber dieses Projekt sind wir mit großem Ehrgeiz und Engagement angegangen. Wir wollten das machen.
Mit welchem Ansatz?
Die Herausforderung so einer Portalseite besteht darin, ein ganz diverses Publikum mit unterschiedlichen Interessen abzuholen. Die wertvollen Inhalte der Website sollen nicht nach und nach versickern, sondern immer von neuem von denjenigen Besuchern gefunden werden, die vielleicht noch gar nicht wissen, dass sie danach suchen. Dafür haben wir eine Struktur geschaffen, die dafür sorgt, dass die Besucher fündig werden.
Wie finde ich, was für mich wertvoll ist? Und wie kann die Suchfunktion ahnen, was ich sehen will?
Über Bezugspunkte. Wer sich einen bestimmten Beitrag anschaut, bekommt Ähnliches vorgeschlagen. Das Prinzip kennen wir alle, sei es von Nachrichtenseiten oder Online-Shops: „Sie könnte auch interessieren …“ So kann sich der Besucher nach und nach durchklicken.
"Stand der Dinge auf den Brettern
in Echtzeit verfolgen"
Die Suchfunktion soll dem Benutzer einen Bauchladen von Angeboten eröffnen.
Wer nach einem spezifischen Spieler sucht, bekommt nicht nur Suchergebnisse aufgelistet, wie wir das zum Beispiel von Google kennen. Die Suchtreffer werden strukturiert dargestellt. Der Besucher bekommt den Verein des Spielers präsentiert, Partien des Spielers, Videos, in denen der Spieler zu sehen ist. Auf diese Weise geben wir Besuchern die Möglichkeit, über wenige Klicks genau das zu finden, was sie interessiert. Je mehr Inhalte die Seite im Lauf des Spielbetriebs bekommt – Artikel, Partien, Galerien, Videos – , desto besser wird das funktionieren, eine ganz zentrale Funktion. Wir nennen das „Facettensuche“.
Schachspieler mögen Zahlen und Statistiken.
Sie werden fündig werden, das beginnt mit der Aktualität. Wir ziehen Ergebnisse von Partien und Mannschaftskämpfen jetzt direkt aus der Schnittstelle des DSB, sie werden unmittelbar auf der Bundesligaseite angezeigt. Ich hoffe, dass die Besucher das wertschätzen. Wenn im Oktober in Berlin die Partien laufen, lässt sich der aktuelle Stand der Dinge quasi in Echtzeit auf der Bundesligaseite verfolgen.
Außerdem sollen die Daten auf verschiedene Weise aufbereitet werden.
Wir arbeiten noch daran, aber bis zur Zentralen Runde werden diverse Statistiken verfügbar sein – weit über das hinaus, was es bislang bei der Bundesliga und anderswo gab. Top-Scorer der Liga oder von Vereinen zum Beispiel werden leicht zu finden sein, da werden wir noch einiges bieten. An der Stelle sind wir auch für Ideen offen. Wer Vorschläge oder Anregungen hat, was wir anbieten könnten – immer her damit.