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"Keine Schande. Einstellung und Kampfeslust stimmen"

Zwei Höhepunkte der Saison - einerseits. Andererseits zwei sportlich fast unlöbsbare Aufgaben: Aufsteiger Düsseldorfer SK bekam es am vergangenen Wochenende in Aachen erst mit dem Deutschen Vizemeister SF Deizisau zu tun, dann mit dem Deutschen Meister OSG Baden-Baden. Mannschaftsführer Marcel Harff berichtet:

Die Düsseldorfer Mannschaft, die am Sonntag der OSG Baden-Baden einen siebenstündigen Kampf aufzwang. Sitzend: Eva Rudolph. Stehend, von links: Marcel Harff (Autor dieses Beitrags), Ravi Haria, Lars Stark, Guntram Hainke, Felix Levin, Michael Coenen. | via Düsseldorfer SK

Das Motto des Wochenendes hieß: „Wir haben nichts zu verlieren.“

Unsere Mannschaft hatten wir anders als in Kiel deshalb etwas zurückhaltender aufgestellt. Dennoch hatten wir drei Großmeister im Einsatz. Unser Spitzenbrett war diesmal der Engländer Ravi Haria. Dazu kam der schon in Kiel im Einsatz befindliche ukrainisch-stämmige Felix Levin. Einen Weltmeister hatten wir auch aufzubieten. Der mehrfachen Senioren-Weltmeister Anatoly Vaisser war der älteste Spieler in den Mannschaftskämpfen an diesem Wochenende. Dazu kamen IM Lars Stark, FM Michael Coenen, FM Marcel Harff und FM Dr. Guntram Hainke. Darüber hinaus wollten wir unseren Jugendlichen ein Highlight bieten, so bekamen Paul Wiedenbruch und Eva Rudolph ihren ersten Einsätze in der Schachbundesliga. Paul spielte am Samstag gegen die Schachfreunde Deizisau, Eva Rudolph durfte gegen die OSG Baden-Baden an Einsätzen in der höchsten deutschen Spielklasse nachziehen.

Die Ergebnisse der Saison 2018/19, gegen SF Deizisau war es ein 2:6 und die OSG Baden-Baden ließ uns damals mit 1:7 von Dannen ziehen, waren auch diesmal zu erwarten.

Zu den Mannschaftskämpfen:
Der Aachener SV richtete sein erstes Schachbundesliga-Wochenende der Saison in der Victoriaschule im Stadtzentrum aus. Der Spielsaal bot reichlich Platz und im Nebenraum gab es für Zuschauer eine Livekommentierung von IM Norbert Coenen.

Am Samstag trafen wir auf die SF Deizisau, die mehrere junge deutsche Nationalspieler in ihrer Mannschaften aufboten. Die Deutsche Nr.1 GM Vincent Keymer und der gerade in Slowenien erfolgreiche Europameister GM Matthias Blübaum beschreiben die Qualitäten des Deutschen Vizemeisters recht gut.

Es entwickelte sich ein einseitiger Mannschaftkampf, welcher mit einer frühen Niederlage von FM Dr. Guntram Hainke gegen den polnischen Routinier Michal Krasenkow startete. Guntram fasste seine Niederlage kurz zusammen: „Züge verwechselt.“

FM Michael Coenen verlor im Endspiel einen Bauer gegen GM Stepan Zilka und die Partie.

FM Marcel Harff erreichte gegen GM Rustem Dautov eine bessere Stellung und bot wegen zu viel Respekt Remis an, welcher sein Gegner gerne annahm.

Im Duell der Jugendspieler verwechselte Paul Wiedenbruch gegen den IM Ruben Gideon Köllner die Varianten in der Eröffnung, verlor einen Bauern und musste nach langem Kampf im Endspiel aufgeben. GM Anatoly Vaisser spielte eine scharfe Französisch-Partie gegen GM Dmitrij Kollars: Ein positionell überragender Springer im Zentrum und Materialverlust sorgten für den verdienten Punkt des Deutschen Nationalspielers.

GM Felix Levin wurde vom amtierenden Europameister GM Matthias Blübaum im Mittelspiel überzeugend überspielt und verlor im 39.Zug auf Zeit:

GM Ravi Haria spielte eine couragierte Schwarz-Partie gegen Deutschlands neue Nr.1 GM Vincent Keymer, der lange auf Ungenauigkeiten warten musste und dann doch gewann:

 

GM Andreas Heimann erzwang einen Sieg in Springer-Endspiel gegen IM Lars Stark, welches auch eine Punkteteilung nicht ausschloss. Eine insgesamt zu hohe 0,5:7,5 Niederlage gegen Vizemeister SF Deizisau!

...und dann gegen Serienmeister

Am Sonntag erwartete uns das Starensemble der OSG Baden-Baden.

Frankreichs Nr.2 GM Maxime Vachier-Lagrave, Englands Nr.1 Michael Adams, der usbekische Ex-Weltmeister GM Rustam Kasimdzhanov, Deutschlands ehemalige Nr.1 GM Arkadij Naiditsch, Deutschlands Nationalspieler und chess24-Kommentator GM Jan Gustafsson, Frankreichs Nationalspieler GM Etienne Bacrot, Deutschlands ehemaliger (jetzt für Uruguay spielender) Nationalspieler GM Georg Meier und der Deutsche GM Fabian Döttling - welch‘ ein Aufgebot - waren unsere Gegner!

FM Marcel Harff erlitt nach einem Eröffnungsfehler gegen GM Etienne Bacrot früh Schiffbruch. GM Ravi Haria erreichte ein lockeres Remis gegen Vachier-Lagrave (Nr. 11 der Weltrangliste). FM Michael Coenen verlor gegen GM Jan Gustafsson, die Schachbundesliga fasste es wie folgt zusammen: „Weiter unten, am fünften Brett, traf der Düsseldorfer Michael Coenen die erstaunliche Entscheidung, Jan Gustafssons Theoriekenntnisse in etwas zu testen, für das er als Koryphäe gilt: Preußisches Polerio.“

Eva Rudolph verlor nach langem Kampf gegen GM Fabian Döttling, welcher Eva zuerst positionell und später taktisch überspielte. FM Dr. Guntram Hainke spielte eine tolle Partie, bot GM Georg Meier die Stirn und verdiente sich sein Remis redlich.
GM Arkadij Naiditsch zeigte seine Endspielfertigkeiten und gewann gegen IM Lars Stark.

Bei GM Michael Adams gegen GM Felix Levin war lange Zeit wenig los, bis Felix einen Königsangriff initiierte, welche GM Adams mit einem Bauernopfer abwehren konnte. Durch genügend Kompensation hielt Michael Adams die Partie Remis, wobei ein Sieg des Düsseldorfers machmal möglich schien.

In Kiel spielten wir sonntags 6,5 Stunden (IM Lars Stark). In Aachen wurde die Spielzeit noch gesteigert, fast 7 Stunden verteidigte GM Antoly Vaisser sein minimal schlechteres Endspiel gegen Exweltmeister GM Rustam Kasimdzhanov umsichtig, bis er einen vergifteten Bauer nahm und sich nach über 100 Zügen in einem Mattnetz wiederfand.

Die Schachbundesliga dazu: „Wer hätte gedacht, dass der Kampf des Serienmeisters gegen den Aufsteiger der längste dieses Spieltags sein würde? Aber Rustam Kasimdzhanov wollte fünf Wochen nach Anatoli Vaissers 73. Geburtstag partout kein nachträgliches Geschenk machen. Mehr als 100 Züge knetete der Usbeke aus dem Rheinland ein theoretisch nicht zu gewinnendes Endspiel, um es praktisch eben doch zu gewinnen.“

Die 1,5-6,5-Niederlage gegen den Deutschen Meister ist keine Schande. Die Einstellung und Kampfeslust in der Mannschaft stimmt.

Am 30.04./01.05.2022 wollen wir uns vor unseren Heimfans beweisen, dann empfangen wir die Mannschaft vom SV Werder Bremen und unseren Nachbarn vom SV Mülheim-Nord.

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