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OSG-Männer auf dem dritten Rang, Frauen Vizemeister

Eine denkwürdige Saison der Schachbundesliga und der Schach-Frauenbundesliga ist seit dem letzten Wochenende Geschichte. Bei der Siegerehrung nach der dreitägigen zentralen Endrunde in Deggendorf durften sich der Düsseldorfer SK und der SC 1957 Bad Königshofen als Deutsche Meister 2024/2025 feiern lassen. Der Rekordmeister beider Ligen, die OSG Baden-Baden, musste, konnte oder durfte, je nach Sichtweise, mit der Vizemeisterschaft der Frauen zufrieden sein, und auch das Männerteam der Schachbundesliga gehört mit Platz drei weiterhin zu den Spitzenteams, nach Mannschaftspunkten gleichauf mit Titelverteidiger SC Viernheim im Ziel, aber mit dem schlechteren „Torverhältnis“, der Zahl der Brettpunkte. „Denkwürdig“ kann man den Verlauf durchaus nennen, weil der Düsseldorfer Sponsor rechtzeitig vor Saisonstart quasi über Nacht ein derartiges Spitzenteam aus den Junggenies der Weltrangliste aus dem Boden gestampft hatte, dass es in der Liga von Anfang an als ausgemacht galt: Düsseldorf ist der Favorit. Dass es dann auch zutraf, war bei genauer Betrachtung allerdings eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, denn den Elozahlen nach wetteiferten die drei Spitzenteams, Düsseldorfer SK, Titelverteidiger SC Viernheim und der ehemalige Seriensieger OSG Baden-Baden mit einem nahezu identischen Querschnitt auf Augenhöhe, was Viernheim in der letzten Runde mit dem 4:4 Unentschieden gegen den neuen Meister unter Beweis stellen und damit den Baden-Badener Traum von der Vizemeisterschaft zerstören konnte.

Vincent Keymer führte zum Saisonabschluss in Deggendorf das Team der OSG Baden-Baden an. | Foto: Christian Hoffmann/SC Viernheim

„Wenn“, „wäre(n)“, „hätte(n)“ sind die gängigen Vokabeln einer jeden Nachbetrachtung in allen Sportarten, untauglich für die Geschichte, weil hier nur Resultate zählen, für die OSG-Baden-Baden intern jedoch mit Anhaltspunkten der Zuversicht verbunden: Man wird an der Oos zukünftig weiterhin ganz vorne mitmischen und betrachtet sich keineswegs als abgehängt. Das Resümee des Rückblicks enthält für Teamchef Sven Noppes im Grunde nur einen kurzen Moment nicht ganz abgerufener Spielstärke: Eine denkbar knappe Niederlage gegen Viernheim in Runde fünf hatte, mit dem Verlust einer einzigen Partie neben Unentschieden an den anderen Brettern, den Druck aufgebaut, in der Folge gegen Düsseldorf unbedingt gewinnen zu müssen. Nachvollziehbar, dass so etwas, wie in jedem Sport, schiefgehen kann.

Und das war es dann auch schon. In allen anderen Begegnungen marschierte die OSG wie eh und je, besonders eindrucksvoll in der letzten Runde gegen den Absteiger SV Mühlheim Nord. Stundenlang war es völlig offen, wie der Kampf gegen den Außenseiter ausgehen würde, bis die OSG-Akteure ihre besondere Qualität zur Geltung brachten: das Durchhaltevermögen, den Schluss-Spurt des Spiels. Vincent Keymer führte in einer Partie mit vielen Zuschauern gegen David Navara ein Turm-Bauernendspiel technisch sauber zum Sieg, Nikita Vitiugov setzte sich ebenfalls nach einem längeren Endspiel langsam aber sicher durch, Bennet Hagner, von dem unten noch die Rede sein wird, knetete seinen Gegner 101 Züge lang bis zu dessen Aufgabe, Timur Kocharin hatte kein Problem, seine Partie ins Remis zu schieben, Rustam Kasimdzhanov und Etienne Bacrot steuerten halbe Punkte bei, aber den Vogel schossen Alexei Shirov und Sergei Movsesian ab: Beide standen auf Verlust, und beide zogen mit kaltblütigem Widerstand den Kopf aus der Schlinge, Shirov zum vollen Punkt, Movsesian zum kaum noch für möglich gehaltenen Remis.

Und: Es gab eine weitere höchst erfreuliche Geschichte für das Team der Bäderstadt. Wir holen etwas aus: Für das Endergebnis eines Mannschaftskampfs im Schach an acht (Schachbundesliga) oder sechs (Schach-Frauenbundesliga) Brettern ist nie nur eine Spielerin oder ein Spieler ursächlich, sondern es sind immer alle. Hier ein eindrucksvolles Beispiel: In der vorletzten Runde der Schachbundesliga wurde es zwischen der favorisierten OSG Baden-Baden und dem SK Kirchweyhe recht eng: An sieben Brettern endeten die Spiele unentschieden, nur Sergei Movsesian gelang es an Brett sechs, mit einer absoluten Glanzpartie den Baden-Badener Sieg zu sichern. War er nun der Matchwinner? Man ist versucht zu sagen: Ja. Aber die Remis-Spieler waren es auch.

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Mehr als zwei Jugendbretter: Bennet Hagner und Timur Kocharin absolvierten die Bundesligasaison ohne Niederlage, Hagner sogar mit einer Großmeisternorm. | Foto: Conrad Schormann

Wäre nur einer aus der Remisbreite in die Verlustzone gerutscht, hätte das Ergebnis anders ausgesehen. „Matchwinner“ war man auch gerne bereit, in zehn Runden (in einem Fall in acht Runden), in zwei anderen Spielern zu sehen: den beiden Jugendbrettern an Position sieben und acht, besetzt von Bennet Hagner und Timur Kocharin. Auch, wenn am siegreichen Resultat der Kämpfe, an denen beide beteiligt waren, alle anderen Bretter mitgewirkt haben, das Abschneiden der beiden 17jährigen Jungmeister darf als sensationell und Stütze für die Mannschaft bezeichnet werden: Bennet Hagner erzielte neun Punkte aus zehn Partien – und damit eine Großmeisternorm. Sein Score umfasst acht Siege (unter anderen gegen vier Großmeister!) und zwei Unentschieden und machte ihn zum erfolgreichsten Spieler der Liga in dieser Saison. Timur Kocharin schaffte fünf Punkte in acht Einsätzen, ebenfalls ohne Niederlage. Beide werden, so auch Vereinsvorsitzender Patrick Bittner, weiterhin systematisch aufgebaut werden und ihre Rolle für die Bundesligazukunft der OSG Baden-Baden spielen.

Düsseldorf wird die Liga, überspitzt ausgedrückt, in der nächsten Spielzeit vermutlich nicht mehr vor Ehrfurcht erstarren lassen, da der Sponsor, so hört man, sein Engagement zurückfahren wird.

Nun zur Schach-Frauenbundesliga: Die Leistungsdichte an der Spitze ist so eng, dass bereits eine Niederlage einen Meisterschaftsgewinn in die Ferne rücken kann, besonders, wenn in den anderen Kämpfen zu wenig Brettpunkte herausspringen. So erging es den Frauen der OSG mit und nach ihrer Niederlage gegen Bad Königshofen. Teamchef Thilo Gubler war gerne bereit, dem Saisonsieger zu seiner soliden Stabilität und dem damit verbunden Meistertitel zu gratulieren – dem ersten seit fünf Jahren.

Zwar hatten die Bad Königshofenerinnen gegen Hamburg auch eine Niederlage kassiert, aber sonst einen praktisch uneinholbaren Brettpunktevorsprung erspielt.

Das abschließende 3:3 der OSG gegen Titelverteidiger Schwäbisch Hall spielte für die Endplatzierung keine Rolle mehr, so dass Alexandra KosteniukElisabeth PähtzDinara WagnerMai NarvaAnna Zatonskih und Rekord-Scorerin Josefine Heinemann relativ frühzeitig in Unentschieden einwilligten. Schwäbisch Hall blieb Platz drei.

Nächstes Jahr möchte Thilo Gubler nach vier Jahren endlich mal wieder den Titel holen.

Nation
ESP
Titel
GM
Elo
2620
DWZ
2582
Punkte
5.5
Partien
10
Nation
ARM
Titel
GM
Elo
2598
DWZ
2617
Punkte
5.5
Partien
7
Nation
ENG
Titel
GM
Elo
2671
DWZ
2657
Punkte
5.5
Partien
8
Nation
GER
Titel
GM
Elo
2720
DWZ
2717
Punkte
4.5
Partien
8
Nation
GER
Titel
FM
Elo
2324
DWZ
2300
Punkte
5
Partien
8
Nation
GER
Titel
IM
Elo
2418
DWZ
2387
Punkte
9
Partien
10

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