Hikaru Nakamura wird in der kommenden Saison erstmals in der Schachbundesliga spielen. Titelkandidat SC Viernheim hat jetzt zum Ende der Wechselfrist am 1. August den spektakulären Neuzugang fürs erste Brett verkündet. Der US-Großmeister, als Nummer zwei der Welt der nominell stärkste Spieler der Liga (wenn nicht Baden-Baden sein Mitglied Magnus Carlsen meldet), werde keinesfalls eine Karteileiche sein, deren Name nur die Spitze des Kaders ziert. Nakamura solle und werde spielen, betont Viernheims Vorsitzender und Teamchef Stefan Martin im Gespräch mit schachbundesliga.de.
Hikaru Nakamura beim Kandidatenturnier 2022, in dem er beinahe WM-Herausforderer geworden wäre. In einem Interview mit "New in Chess" hat der Weltranglistenzweite jetzt durchblicken lassen, dass er und Magnus Carlsen darüber verhandeln, abseits des WM-Zyklus der FIDE ein Match zu spielen - in einem Format, das beide für besser halten als das der gegenwärtigen WM-Matches des Weltverbands. Die Bedenkzeit wollen sie verkürzen, außerdem soll Schach960 Teil des Matches sein. | Foto: Stev Bonhage/FIDE
Viernheim wird in der kommenden Saison noch mehr als bislang Favorit auf die Meisterschaft sein. In der abgelaufenen Serie hat das Team aus der 34.000-Einwohner-Stadt Serienmeister Baden-Baden zwar geschlagen, ihn aber nicht vom Thron gekegelt, weil im Lauf der Saison zu oft Spitzenleute gefehlt hatten. Die Folge waren Punktverluste gegen Werder Bremen und den Hamburger SK und Platz zwei in der Meisterschaft, einen Punkt hinter Baden-Baden.
In der deutschen Bundesliga hat Nakamura zwar nie gespielt, aber die Viernheimer hatten vor der Kontaktaufnahme mit ihrem neuen ersten Brett eruiert, dass der hauptberufliche Schachstreamer durchaus mannschaftsaffin ist. Für österreichische, italienische, spanische und französische Clubs hat Nakamura schon am Brett gesessen, für deutsche noch nicht.
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Die Kontaktaufnahme sei problemlos gelaufen, sagt Martin. „Wir sind schließlich bestens vernetzt.“ Auch eine Zusage bis zum Ende der Wechselfrist zu bekommen, hat Martin als wenig heikel empfunden. Das größte Problem sei die Planung von Terminen gewesen. Nakamura soll in der Schachbundesliga spielen, verwaltet aber einen mit Verpflichtungen gespickten Terminkalender. Offenbar haben sich darin Lücken gefunden, die sich mit dem Bundesliga-Spielplan decken.
Vor der Saison 2023/24 ertönt nun erstmals eine vorsichtige Meisterschaftsansage aus Viernheim: „eine gewichtige Rolle“ werde man im Kampf um den Titel spielen, steht auf der Vereinswebsite. Schon als vor einem Jahr bekannt wurde, dass WM-Kandidat Jan-Krzysztof Duda und der usbekische Wunderknabe Nodirbek Abdusattorov den ohnehin veritablen Kader noch einmal verstärken werden, wäre derlei Ambition gerechtfertigt gewesen, aber es war davon nichts zu hören.
"Ein Riesengewinn"
Auch Parham Maghsoodloo, Nummer 29 der Welt, zuletzt in Diensten des FC Bayern, wird in der kommenden Saison für den SC Viernheim spielen. | Foto: Mark Livshitz/FIDE
Ein Jahr später ist 960-Weltmeister Nakamura nicht der einzige Neuzugang, der sich zu den Dudas, Abdusattorovs und Mamedyarovs im Viernheimer Edelkader gesellen wird. Dazu kommt Bundesliga-Wandervogel Parham Maghsoodloo (Elo 2719, Nummer 29 der Welt), der nach einer Saison beim Münchner SC 1836 und einer beim FC Bayern München nun in Viernheim anheuert – eine Marginalie angesichts der Strahlkraft des neuen Spitzenmannes mit seinem Millionengefolge in den Sozialen Medien.
Ob die Verantwortlichen des wachsenden Beratungsunternehmens d-fine für die Nakamura-Verpflichtung extra die Schatulle geöffnet haben, verrät Martin nicht, bestätigt aber, dass die Personalie mit dem Sponsor abgesprochen und sehr in dessen Sinne ist. „Ein Riesengewinn“ sei Nakamura, sagt Martin – und meint damit weniger die knapp 2800 Elopunkte des Neuen für anstehende Schachkämpfe.
Im Kampf der Beraterbranche um die besten Köpfe verspricht sich d-fine dank des Engagements im Schachsport Rekrutierungen von höchstqualifiziertem Spitzenpersonal, Mathematiker und Physiker in erster Linie. Vor diesem Hintergrund sei auch das Hochschulschach-Engagement des Unternehmens zu verstehen, sagt Martin. Und vor diesem Hintergrund kommt eine Hausnummer wie Nakamura und die damit verbundene Aufmerksamkeit sehr gelegen.
Der neben Magnus Carlsen bekannteste Schachspieler der Welt soll die Aufmerksamkeit kluger Köpfe aus der Schachszene auf das 2002 in Frankfurt gegründete Unternehmen lenken. Der SC Viernheim will dazu beitragen, indem er die Strahlkraft seines Neuzugangs im Sinne des Sponsors verwertet. Rund um den Verein soll bis zum Saisonstart im Oktober ein Konzept entstehen, um die Nakamura-Einsätze medial möglichst sichtbar zu machen.
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