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Welche Spieler sind verfügbar? Welche Spieler sind nach EU-Standard geimpft? Liegen alle Visa vor? Können Spieler aus Hochrisikogebieten teilnehmen? Solche und andere Fragen beschäftigten nicht nur die Verantwortlichen des SC Viernheim vor dem großen Bundesligafinale, mit dem jetzt in Berlin die 2019 begonnene Saison endete - für Viernheim mit einem guten fünften Platz. "Eine unter den schwierigen Umständen angemessene Leistung", schreibt Stefan Spiegel, der aus Viernheimer Sicht in sechs Kapiteln auf die Saison sowie ihr Finale zurückblickt - und einen Ausblick auf das wagt, was kommt.

Die Schachbundesliga ist, nun auch per Beschluss, ein Sammelbecken für Ausnahmetalente. Eines von denen will in der kommenden Saison beim Aufsteiger Münchener SC 1836 mithelfen, dass der Klassenerhalt gelingt. Den österreichischen IM Dominik Horvath (18) hatten die Münchener entdeckt, als er eine bärenstarke Einzel-Europameisterschaft spielte. Der Anfrage aus Bayern folgte sogleich eine Zusage aus dem Burgenland. In der Zwischenzeit hat Horvath sogar seine ersten Einsätze in der österreichischen Nationalmannschaft absolviert. Als es um den EM-Titel ging, war er erstmals Teil des österreichischen Teams.

Die Schachbundesliga hat ihren ursprünglich für den Januar avisierten Saisonstart pandemiebedingt in den März verschoben. Darauf haben sich jetzt die Bundesligisten bei ihrer Mitgliederversammlung geeinigt. Außerdem wurden die "Teilnahmevoraussetzungen" mit 21:12 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen.

Der SK Doppelbauer Kiel hat jetzt 38 Kindern und Jugendlichen in der Hamburger Bildungsstätte YES einen sechstägien Trainingslehrgang ermöglicht. Großmeister Zigurds Lanka, FIDE-Senior-Trainer IM Roman Vidonyak und A-Trainer Wolfgang Pajeken aus der Kieler Bundesligamannschaft trainierten ihre jungen Schützlinge aus Deutschland, der Schweiz und Österreich und schulten sie im Wettkampf. Daneben stand eine Reihe weiterer Wettkämpfe an, in denen sich der Bundesliga-Nachwuchs der Kieler mit großmeisterlicher Konkurrenz messen konnte.

Lara Schulze steht am Anfang eines Schachjahres, eines ihrer Ziele ist klar definiert: Die Elozahl soll über 2400 steigen. Mittelfristig, nach dem Studium, steht sie womöglich vor einer Profikarriere. "Von meiner Leidenschaft fürs Spiel her passt das auf jeden Fall", sagt Schulze im Interview. In der kommenden Saison, die am 5. März beginnt, wird sie erstmals in der Bundesliga am Brett sitzen. Lara Schulze ist Teil der Gruppe von hungrigen Nachwuchsspieler:innen, mit denen der SV Werder Bremen nicht nur den Kader bestückt, sondern ihnen Einsätze garantiert. "Jetzt liegt es an mir zu zeigen, dass ich gut genug für die Bundesliga bin", sagt Schulze.

Schach verbindet Menschen und Nationen, Schach schafft Freundschaften. Diese Gedanken tragen schon immer den Spielbetrieb der Schachbundesliga, in dem sich Meisterspieler:innen aus dutzenden Ländern im sportlichen Wettkampf messen, darunter zahlreiche Schachfreunde aus der Ukraine und Russland. Die Spielorte der Schachbundesliga sind stets auch Orte der Begegnung, des Austauschs, der Gemeinschaft. Vor diesem Hintergrund kann und will der Vorstand der Schachbundesliga dem russischen Einmarsch in der Ukraine nicht schweigend zuschauen.

Neun Ukrainer sind in der Schachbundesliga gemeldet, außerdem neun russische Großmeister. Ob einer oder gar mehrere zum Saisonauftakt am kommenden Woche spielen, erscheint fraglich, wenn nicht sehr unwahrscheinlich. Unter anderem gilt das für den ukrainischen Großmeister Pawel Eljanow aus dem Kader des Münchener SC 1836, der jetzt nach einem Vierteljahrhundert in die Schachbundesliga zurückgekehrt ist. Eine Vorschau auf den ersten Spieltag aus Münchner Perspektive, auch aus der des FC Bayern:

Wer Stellung bezieht, ist in der Bundesliga willkommen: Die im Weltschach intensiv geführte Debatte, ob russische Schachspieler aus dem Turnierbetrieb ausgeschlossen werden sollten, hat vor dem Saisonauftakt die Schachbundesliga erreicht. Der Bundesliga-Vorstand hat jetzt, auch auf Initiative des SC Viernheim (fünf Ukrainer, ein Russe im Kader), diese Erklärung veröffentlicht:

„Der Vorstand des Schachbundesliga e.V. empfiehlt allen Mitgliedsvereinen, bis auf weiteres keine Spieler/-innen einzusetzen, die russischer oder belarussischer Nationalität sind und den gegen die Ukraine geführten Angriffskrieg nicht aktiv ablehnen. Ziel umfassender Sanktionen in allen gesellschaftlichen Bereichen ist die Hinwirkung auf eine schnellstmögliche Wiederherstellung des Friedens und der territorialen Unversehrtheit des ukrainischen Staatsgebietes.“

Der Serienmeister startet mit einem Sieg, der Vizemeister auch. Kiel wird diesmal eine Rolle spielen, Viernheim sowieso. Aachen und König Tegel? Für diese beiden wird es nicht leicht. So viel lässt sich nach dem ersten Spieltag der neuen Saison zum Sportlichen sagen - das weniger Aufmerksamkeit bekam als die Begleitumstände und zwei Bretter, an denen niemand saß.

Es gibt Wichtigeres als Schach. Die auch am zweiten Spieltag zwei freien ukrainischen Bretter im Bremer Weserstadion zeigen das, und ein Kurzremis 770 Autobahnkilometer weiter südlich zeigt das auch: Wer daheim neun geflüchtete Ukrainerinnen beherbergt, der ist in der Bundesliga natürlich entschuldigt.

Der Schachclub Viernheim feiert ein sportlich sehr erfolgreiches Wochenende und ist in Gedanken trotzdem bei seinen Spielern in der Ukraine. Neben zwei Siegen in der Schachbundesliga gewannt auch die 2. Mannschaft in der Oberliga Baden, gleichzeitig wurden parallel zum Bundesliga-Heimwochenende Live-Interviews mit Spielern in Lemberg und Kiew geführt und eine Resolution gegen den Angriffskrieg Putins auf die Ukraine verlesen.

Die Ergebnisse der Schach-Bundesliga sind für die Teams eher zweitrangig geblieben. Die Vereine sorgten sich mehr um ihre Mannschaftskameraden, die in der Ukraine in der russischen Falle sitzen. An klaren Statements mangelte es nicht - selbst von russischen Großmeistern wie Vizeweltmeister Jan Nepomnjaschtschi, der entgegen der Putin-Wortvermeidung den Krieg „Krieg“ nannte und zusammen mit 33 anderen Schach-Persönlichkeiten des Riesenreichs die sofortige Einstellung des Angriffs forderte. Ein Hinweis auf die großen Erfolge des amtierenden Europameisters Ukraine fehlte dabei nicht.

Ein starkes Zeichen sendeten auch Serienmeister OSG Baden-Baden mit seinem Farm-Team SF Deizisau, die gegen Werder Bremen zwei Bretter unbesetzt ließen. Grund: Die Hanseaten hatten zwei ihrer Ukrainer an vorderer Front aufgeboten, um mit den verwaisten Brettern auf die zynische Aggression aufmerksam zu machen.