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Saisonauftakt: Wiedersehen in Kiel?

Am Samstag geht’s los, Auftakt der Saison 2022/23 in der Schachbundesliga. Die Favoriten stehen fest: Vizemeister SC Viernheim wird, noch einmal verstärkt, einen neuerlichen Anlauf unternehmen, den Serienmeister OSG Baden-Baden vom Thron zu kegeln. Ob es einer anderen Mannschaft gelingen kann dazwischenzufunken? Manche Überraschung, mancher knappe Kampf in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass im Lauf jeder Saison Dinge passieren, die nominell nicht zu erwarten sind.

Nicht auszuschließen, dass der Baden-Badener Neuzugang Vincent Keymer (links) und Hans Moke Niemann einander in Kiel begegnen. Aber gegeneinander spielen werden sie eher nicht. Niemann würde das erste Brett besetzen (die nominelle Kieler Nummer eins Andrey Esipenko spielt Junioren-WM), während Keymer als Nummer neun des Baden-Badener Kaders wahrscheinlich tiefer spielen wird. | Fotos: Wikipedia, Paul Meyer-Dunker/Deutscher Schachbund

Oliver Kniest, Vorsitzender des Vorjahresdritten SG Solingen, glaubt trotzdem nicht daran, den Coup von 2016 zu wiederholen, als sein Oktett Baden-Baden übertrumpfte. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir Meister werden, ist etwa so hoch wie die Chance, dass Union Berlin die Fußball-Bundesliga gewinnt“, tiefstapelte Kniest jetzt gegenüber dem Solinger Tageblatt. Vielleicht wird Kniest optimistischer, sollte in Kirchweyhe der Auftakt unter anderem gegen Angstgegner Werder Bremen gelingen.

Sicher erscheint, dass es am unteren Ende der Tabelle knapp zugehen wird. Einen krassen Außenseiter wie zuletzt Aachen und König Tegel Berlin gibt es 2022/23 nicht, die Kader kommen ausgeglichener daher. Naturgemäß sollten die Aufsteiger, speziell Deggendorf und Schönaich, zu kämpfen haben. Aber auf der Website des TSV Schönaich finden wir eine Kampfansage: „Das sehr junge Schönaicher Team verspricht definitiv die Chance für die eine oder andere Überraschung gegen die deutsche Schachelite.“

Gleich am ersten Spieltag hat der Aufsteiger Gelegenheit, diese Worte mit Taten zu untermauern. Zur „deutschen Schachelite“ gehören gewiss der Hamburger SK und der SK Doppelbauer Turm Kiel, mit denen es die Schönaicher im Casino der Stadtwerke Kiel, Uhlenkrog 32, am Samstag ab 14 und Sonntag ab 10 Uhr zu tun bekommen. Nebenbei können die Liganeulinge der absoluten Elite über die Schulter schauen. Der deutsche Meister OSG Baden-Baden ist das vierte Team, das das in Kiel versammelte Quartett komplett macht.

Wolfgang Pajeken, Kapitän der Kieler, freut sich auf die Wettkämpfe im schmucken Casino, in dem die Kieler erstmalig zum Bundesligaschach bitten. Die Unterstützung seitens der heimischen Stadtwerke und des Sportamts, das die Betriebskosten übernimmt, sei wertvoll für den Verein. „Ich hoffe, dass wir dort auch künftig unsere Bundesligakämpfe austragen können“, sagt Pajeken.

"Mediale Zerlegung eines 19-Jährigen"

Im Fokus der meisten Beobachter werden die Kieler Kämpfe wegen zwei Personalien stehen: Hans Moke Niemann und Vincent Keymer.

Niemann, seit Wochen die Personalie des Weltschachs schlechthin, ist Teil des Kieler Kaders – und wird es bleiben. Zu Magnus Carlsens Betrugsvorwürfen gegen seine Nummer zwei sagt Pajeken: „Für uns gilt die Unschuldsvermutung.“ Außerdem halte er „die mediale Zerlegung eines 19-Jährigen, wie sie Carlsen&Co. angezettelt haben“, für verwerflich. Vor diesem Hintergrund würden die Kieler Niemann „gerade jetzt besonders gern ans Brett bringen“, sagt Pajeken, für den außer Frage steht, dass Niemann am Brett keine Hilfe braucht, um bärenstark Schach zu spielen.

Ob er schon zum Saisonauftakt am Kieler Brett sitzt? Theoretisch wäre es möglich, den US-Boy am Samstag gegen Baden-Baden einzusetzen. Am Donnerstag hat Niemann in Saint Louis die US-Meisterschaft beendet, er könnte es binnen zwei Tagen nach Kiel schaffen. Andererseits säße er dann mit dem Handicap eines gerade absolvierten 13-rundigen Mammutturniers am Brett, dazu Jetlag.

Solche Probleme plagen Vincent Keymer vor seinem Debüt für Baden-Baden nicht. Der 17-Jährige hat das jüngste Turnier der Magnus-Carlsen-Tour von zu Hause aus absolviert. „Dank“ seines Ausscheidens nach der Vorrunde blickt er auf einige freie Tage zurück.

Patrick Bittner, Chef der OSG, sieht Keymers Wechsel nach Baden-Baden als logischen Schritt, abgestimmt mit den abgebenden SF Deizisau und dem Wunsch des Spielers entsprechend. Auch dass Keymer im Baden-Badener Edelkader lediglich die neunte Position bekleidet, sei logisch: „Wir stellen nach Rating auf.“ Keymer sei damit zufrieden. Wäre er von Beginn an etwa vor Giganten des Sports wie Anand oder MVL einsortiert worden, er hätte sich damit nicht komfortabel gefühlt.

Voraussichtlich wird Keymer in der überwiegenden Mehrheit der Kämpfe auch als nominelle Nummer neun an einem oberen Brett spielen. Bittner verweist auf die vergangene Saison: Der vollgepackte Terminplan der Spitzenprofis, dazu erschwerte Reisebedingungen, haben dazu geführt, dass in den Reihen des Rekordmeisters ungewöhnlich oft die ganz großen Namen fehlten. Voraussichtlich werde das in dieser Saison ähnlich sein.

Vorschau beim Hamburger SK auf den Saisonauftakt in Kiel

Die Bundesligavereine und ihre Spiellokale

Der erste Spieltag am Samstag, 22. Oktober:

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Der zweite Spieltag am Sonntag, 23. Oktober:

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Am Freitag, 21. Oktober, auf schachbundesliga.de:

Vorschau auf den Saisonauftakt aus Sicht der beiden Münchner Gastgeber.

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