Kein Harry Kane: ausgeglichene Bayern-Mannschaft
Einen Top-Torjäger wie die Fußballer des Vereins haben die Bundesliga-Schachspieler des FC Bayern München nicht: Harry Kane hat mit grandiosen 36 Treffern in 34 Spielen die Torjägerkanone in seiner ersten Saison in Deutschland sofort erobert. Damit liegt der Engländer in der ewigen Torschützenkönig-Liste auf Platz vier zusammen mit dem legendären Gerd Müller, der bei seinen sieben Triumphen als bester Torjäger im Oberhaus einmal 40, einmal 38 und einmal 36 Treffer markierte. Noch besser als der „Bomber der Nation“ war der Pole Robert Lewandowski mit 41 Toren. Dominieren also die Bayern-Stürmer überwiegend die Bundesliga, kann man das von den Schachspielern des „FC Ruhmreich“ nicht behaupten.
Bayern-Abteilungsleiter Jörg Wengler ist mit seinem Kader und dem Abschneiden seines Teams sehr zufrieden. | Foto: Hartmut Metz
Die Abteilung wurde zwar nur Neunter in der Tabelle mit 15:15 Punkten, ist aber laut FCB-Abteilungsleiter Jörg Wengler damit weit mehr zufrieden als die Kicker mit dem dritten Rang. Die Ansprüche sind bei den Denkstrategen des Großvereins eben deutlich niedriger und liegen vor allem auf dem Klassenerhalt. Der gelang in der abgelaufenen Saison relativ sicher. Wie das Teamresultat fallen auch die Einzelbilanzen der 16 eingesetzten Spieler meist ausgeglichen aus.
Auf die Spitzenspieler war dabei in der vergangenen Saison besonders Verlass: Topspieler Seyed Mohammad Amin Tabatabaei kam nur beim Saisonauftakt zum Einsatz. Der Iraner lieferte hierbei mit 1,5/2. Der ab Runde sieben am Spitzenbrett eingesetzte Jaime Santos Latasa überzeugte ebenfalls voll: Der Spanier verlor nur eine seiner neun Partien und sammelte starke 5,5/9. „+2 ist ein super Ergebnis“, unterstreicht Wengler.
Auf Kurs zu solch einem Ergebnis schien auch Niclas Huschenbeth. Der beliebte deutsche Großmeister startete mit 4,5/7. Der folgende Einbruch mit zwei Remis und zwei Niederlagen sorgte jedoch dafür, dass er auf 50 Prozent mit 5,5/11 zurückgebunden wurde (wie der Schweizer zu sagen pflegt). Pouya Idani überzeugte direkt dahinter mit 6/11. Bei dem Iraner werden in der Bilanz-Übersicht des Deutschen Schachbundes (DSB) allerdings 6/13 angezeigt, weil Idani in Runde drei und vier kampflos verlor. Auch der fünfte Großmeister über 2600 Elo der Bayern schnitt positiv ab: Miguel Santos Ruiz sammelte vier Punkte bei sechs Einsätzen.
Dragnev bestreitet als einziger Bayern-Spieler alle 15 Partien
Ebenso hielt die Nummer sechs die Kasse: Valentin Dragnev bestritt als einziger Akteur der Bayern alle 15 Spiele. Der Österreicher holte an den Brettern drei bis fünf gute 50 Prozent mit 7,5 Zählern. Wie Huschenbeth verspielte der 25-jährige Wiener auf der Zielgerade ein deutlich besseres Resultat. Die Hälfte der Punkte fuhren hinter Dragnev auch der remisfreudige Spanier Alvar Alonso Rosell (6/12), der Schweizer Nicolas Georgiadis (2/4) und Sebastian Bogner (4,5/9) ein.
Erst ab Position zehn im 16er-Kader folgen die Spieler mit fast durchweg negativen Bilanzen. Blitz- und Kommentatoren-Ass Klaus Bischoff verpasst die 50 Prozent mit 4/9 hauchdünn wegen der Niederlage in der vorletzten Runde gegen den Hamburger Sipke Ernst. Von dem Schweden-Trio wusste nur Martin Lokander mit 5/8 zu gefallen. „Er spielt auch interessantes Schach“, erhält Lokander ein Sonderlob von Wengler fern der reinen Ergebnisbetrachtung.
Der an Nummer elf gemeldete Linus Johansson hübschte sein miserables Saison-Ergebnis nach 1/5 wenigstens mit einem Schlussrunden-Sieg auf 2/6 etwas auf. Phillip Lindgren blieb bei zwei Remis und zwei Nullen ein voller Punkt versagt. Gleiches gilt für Oliver Kurmann. Der eidgenössische IM, der zwischen den Skandinaviern gemeldet war, verbuchte lediglich 2/6. Peter Meister (0,5/2) und Makan Rafiee (1,5/4) kamen nur selten am letzten Brett zum Einsatz und konnten dort auch keine Partie gewinnen.
Damit krankt wie bei den Fußballern auch das Bayern-Spiel in den hinteren Reihen. Hier wie dort fielen diese zuweilen durch Patzer und Aussetzer auf und kosteten Siege. Immerhin hat Wengler trotzdem ein Problem weniger als die Fußball-Bosse und findet: „Wir haben durch die Bank einen guten Kader.“ Er hat insofern leicht reden: Einen Trainer, dem sein Kader zusagt, muss er nicht extra suchen …