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"Schach lebt davon, dass das Internet gut funktioniert" - St.-Pauli-Sponsor Ernst-Olav Ruhle

Als Kind spielte er Schach in Bargteheide, gleichzeitig wurde er Fan des FC St. Pauli, weil sein Sportlehrer die Fußballprofis am Millerntor trainierte. Heute ist Ernst-Olav Ruhle, Vorstand der SBR-net Consulting AG, einer der Köpfe hinter dem Bundesliga-Projekt der Schachabteilung. Mit norwegischen Wurzeln, engen Kontakten zur Szene in Oslo und einem klaren Blick für strategisches Denken bringt er weit mehr ein als nur finanzielle Unterstützung. Im Interview spricht er über seine Rückkehr zum Schach, das Zusammenspiel von Beratungsbranche und Denksport, Begegnungen mit Profis und die Frage, wie buntes Vereinsumfeld und sportliche Professionalität zusammenpassen.

Weil Ruhle am liebsten Dinge in Bewegung bringt, hat er schon das nächste Projekt angeschoben: ein Simultan mit Mannschaftskapitän Benedict Krause am 10. Oktober im Millerntor-Stadion. Einen der Plätze verlost schachbundesliga.de – wer mitspielen möchte, schreibt einfach mit Verweis auf dieses Interview an ruhle@sbr-net.com.

Das Interview:

Wenn von den Norwegern bzw. den Wikingern beim FC St. Pauli die Rede ist, dann sind meistens die Norweger am Brett gemeint, der Herr rechts im Bild etwa. Mit Sponsor Ernst-Olav Ruhle (links) ist auch hinter den Kulissen ein Norweger tätig. | Foto: FC St. Pauli

Herr Ruhle, wie kam Ihre Verbindung zur Schachabteilung des FC St. Pauli zustande?
Ich bin in Norwegen geboren und in der Nähe von Hamburg, in Bargteheide, aufgewachsen. Wer dort zur Schule ging, war meist Fan eines der beiden großen Hamburger Fußball-Vereine. Bei mir wurde es St. Pauli, nicht zuletzt, weil mein Sportlehrer Michael Lorkowski damals die erste Mannschaft der Fußballer trainierte. Parallel habe ich als Neunjähriger im Schachverein in Bargteheide angefangen und bis zum Schulabschluss gespielt. Danach kamen Studium und Beruf, und Schach trat erstmal in den Hintergrund.

Was hat Sie später wieder ins Schach zurückgeführt?
Es gab mehrere Anstöße. Meine Frau schenkte mir Trainingsstunden beim norwegischen Großmeister Jon-Ludvig Hammer. Das hat den Funken neu entfacht. Dann habe ich die Schachbundesliga intensiver verfolgt. Da ich in Hannover studiert hatte, fiel mir der HSK Lister Turm auf, der damals einen Sponsor suchte. Ich habe mich gemeldet, war ein Jahr lang Sponsor – und nach dem Abstieg habe ich geschaut, wo ich mich künftig engagieren kann. Als St. Pauli aufstieg, kamen viele Fäden zusammen: die alte Verbundenheit als Fan, die norwegischen Spieler im Team, und dazu die Krause-Brüder Benedict und Jonah aus Bargteheide. Da dachte ich: Das passt. Und habe angefragt – es passte tatsächlich, schach-inhaltlich, wirtschaftlich und menschlich.

Wer mit Großmeistern trainiert, spielt wahrscheinlich auch.
Ja, aber keine Mannschaftskämpfe, das bekomme ich beruflich nicht hin. Online liege ich auf Lichess bei etwa 2000. Ich trainiere regelmäßig, auch mit einem anderen norwegischen GM, und versuche, mich weiter zu verbessern. Der Prozess macht mir Spaß.

Wie bringen Sie ihre norwegische Identität auf St. Pauli ein?
Ich spreche Norwegisch, habe einige Kontakte, daraus lässt sich viel machen. Zum Beispiel habe ich dazu beigetragen, dass in Zeitschrift des norwegischen Schachverbandes ein langer Artikel über St. Pauli erschienen ist.  Außerdem haben wir mit dem FC St. Pauli Kontakt nach Oslo geknüpft zu Magnus Carlsens Club Offerspill, wo wir ebenfalls als kleiner Sponsor aktiv sind. Jetzt planen wir einen Freundschaftskampf Offerspill gegen St. Pauli. Und manchmal helfe ich unserer Schachabteilung bei norwegischen Social-Posts. Ein Interview im norwegischen öffentlichen Rundfunk zum Bundesliga-Abschluss in Deggendorf war auch noch dabei. Insofern fügt sich das gut ein.

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Die Mitglieder des norwegischen Schachverbands bekamen jetzt dank Ruhle erklärt, warum Schach braunweiß ist.

Offenbar sind sie mittlerweile in zwei Schachszenen gut vernetzt.
In Oslo ist die Schach-Community sehr zugänglich; über Clubs und Szene-Treffpunkte kommt man schnell mit allen ins Gespräch. Das Schöne in Norwegen: Die Community ist klein, jeder kennt jeden – Kooperationen entstehen unbürokratisch. Ähnliches probiere ich gerade in Dänemark. Mal sehen, was daraus wird.

In welchem Maße ist Ihr Sponsoring beim FC St. Pauli auf einen Gegenwert für SBR-net Consulting ausgelegt, in welchem Maße Liebhaberei?
Natürlich ist auch Liebhaberei dabei, das gehört im Sportsponsoring wahrscheinlich dazu. Aber die Verbindung passt in vielerlei Hinsicht. Wir beraten strategisch in „Netzwerkindustrien“, wie wir es nennen: Telekommunikation, Glasfaser/Breitband, Mobilfunk, Energie, IT. Schach ist längst auch ein digitaler Sport, der davon lebt, dass das Internet gut funktioniert. Außerdem lassen sich zwischen Strategischer Unternehmensberatung und Schach einige Gemeinsamkeiten finden: strategisches Denken, operatives Handeln. Wo wir am Brett auf mögliche Antworten des Gegners vorbereitet sein müssen, beobachten wir in der Wirtschaft, was der Wettbewerber im Markt macht.

Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Sponsoring wahrgenommen wird?
Ja. Wir nutzen es in Vorträgen und auf LinkedIn, ein wenig auch auf unserer Website. In Gesprächen werde ich inzwischen oft zuerst auf St. Pauli und die Schachbundesliga angesprochen. Exakt messbar ist die Wirkung nicht, aber ich spüre die Resonanz.

Wie erleben Sie die Profis aus dem St.-Pauli-Kader?
Wir hatten ein paar Gelegenheiten, uns in Ruhe auszutauschen – etwa nach dem Stadion-Event oder beim Saisonabschluss in Deggendorf. Beeindruckt hat mich die Professionalität der jungen Großmeister, die nicht unter den ersten 20 der Welt sind und sehr komfortabel vom Schach leben können. Zum Beispiel habe ich mich länger mit Johan-Sebastian Christiansen unterhalten, der ja alles andere als ein schlechter Spieler ist, aber eben nicht Weltklasse. Der hat mir erklärt, dass es sein Traum war, Profi zu werden, und dass dazu nun einmal gehört, wie ein Profi zu leben. Also geht er nach dem ersten Match abends um halb zehn schlafen, um beim zweiten Match am nächsten Tag topfit zu sein.

Passt das bunte und feieraffine St.-Pauli-Umfeld zur Ernsthaftigkeit der Profis?
Ja. Das Umfeld ist in der Tat bunt, aber alle – Spieler und Management, vom Vorstand bis zur Pressearbeit – sind top seriös. Das eine schließt das andere nicht aus.

Wie langfristig ist Ihr Engagement angelegt?
Wir gehen ins zweite Jahr. Das erste war für alle Seiten erfolgreich – und es macht einfach Spaß, gemeinsam Dinge zu bewegen. Wir haben zum Beispiel die Versteigerung dreier unterschriebener Bretter angestoßen. Der Erlös von 7.500 Euro ging an die Kiezhelden, die soziale Projekte in St. Pauli unterstützen. Solche Formate verbinden. Außerdem habe ich auf schachbundesliga.de gelesen, dass „wir“ in drei Jahren Meister werden wollen. Da wäre ich gerne dabei (lacht).

Ihr Engagement scheint weit über das Finanzielle hinauszugehen. Sie wirken wie jemand, der unbedingt Dinge anpacken und anstoßen will.
Und beim FC St. Pauli erlebe ich genau die Mischung aus Herzblut und professioneller Struktur, die jemanden wie mich reizt. Wie schnell wir hier Dinge ins Rollen bringen können, macht es für mich attraktiv. Man stößt Ideen an, findet Mitstreiter, setzt um – vom Charity-Format bis zu internationalen Brücken nach Oslo.

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Käpt'n Benedict Krause spielt am 10. Oktober im Millerntor-Stadion simultan. Wer mitspielen möchte, schreibt an ruhle@sbr-net.com

Das nächste Projekt wird das Simultan mit Benedict Krause sein. Was genau ist geplant?
Am 10. Oktober  wird im Millerntor-Stadion gespielt. Mannschaftskapitän, Leistungsträger und Gallionsfigur IM Benedict Kraus wird gegen maximal 15 Gegner mit maximal 2100 Elo antreten. Den Großteil der Plätze vergeben wir über Instagram – und einen Platz hier auf schachbundesliga.de. Wer gewinnt, muss „nur“ am 10.10.2025 bis kurz vor 17 Uhr in Hamburg am Millerntor sein.

In Hamburg steht im Februar das erste Heimspielwochenende an. Natürlich stellt sich bei allen Heimspielen die Carlsen-Frage...

…und die beantwortet der FC St. Pauli ja immer wieder auf Instagram und auf seiner Homepage. Da gab es zum ersten Bundesliga Wochenende am 7/8.2.2026 auch schon ein Go, es kann aber auch sein, dass er doch Ende Februar im Stadion spielen wird – was natürlich noch besser wäre. Wir werden sehen. Grundsätzlich gilt: Sein Kalender ist extrem voll. Umso schöner ist es, wenn sich eine Gelegenheit ergibt.

Nation
NOR
Titel
GM
Elo
2839
DWZ
2841
Punkte
0
Partien
0
Nation
GER
Titel
IM
Elo
2421
DWZ
2439
Punkte
0
Partien
0
Nation
GER
Titel
FM
Elo
2337
DWZ
2374
Punkte
0
Partien
0

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