Im Endspiel in der fünften Stunde entschieden die Titelverteidiger aus Baden-Baden den zentralen Kampf der Saison am 14. Spieltag gegen den punktgleichen Co-Tabellenführer Viernheim für sich. Wie praktisch, dass für die Schachbundesliga der führende Endspielexperte der Welt (darunter machen wir es nicht) bereit steht, Endspielfeinheiten zu erhellen und -geheimnisse zu lüften. Karsten Müller nimmt unter die Lupe, was am Samstag geschah - und Georgios Souleidis auch. Der große Grieche hat wenige Stunden nach dem Ende der 14. Runde ein Video zum Bundesligafinale veröffentlicht.
Es war eine kuriose Saison, die kürzeste der Bundesligageschichte, die erste, die in einem Fußballstadion endete. Da passt es ins Bild, dass der letzte Spieltag mit einer Kuriosität begann und mit einer endete.
Die Uhr zeigte 10, da begannen Sergey Fedorchuk (Viernheim) und Andreas Heimann (Deizisau) ihre Partie. Sofort trat Turnierdirektor Gregor Johann heran - und pfiff die beiden Großmeister zurück. Gespielt werden darf erst, wenn mindestens vier Spieler einer Mannschaft anwesend sind. Die Viernheimer, zwei Minuten verspätet, waren aber erst zu dritt, als die beiden 2600er am sechsten Brett losgespielt hatten. Johann ließ die beiden noch einmal beginnen.
Der letzte Handschlag der Saison 2022: Stepan Zilka (links) und Arik Braun. | Alle Fotos: Paul-Meyer Dunker/Schachbund
Die Uhr zeigte 16.30, da spielten ein Brett weiter Arik Braun (Viernheim) und Stepan Zilka (Deizisau) immer noch. Baden-Baden stand längst als Meister fest, alle Beteiligten sehnten die Siegerehrung herbei - nur diese beiden hatten sich beim Stand von 3,5:3,5 in ein Endspiel verbissen, das Zilka mit aller Macht gewinnen wollte, so sehr, dass er am Ende aufpassen musste, mit seinem Springer gegen drei Bauern nicht zu verlieren. Die Seeschlange und mutmaßlich (?) längste Partie der Saison endete nach 156 Zügen mit einem Patt.
Dass die OSG Baden-Baden zum 16. Mal in 17 Jahren deutscher Mannschaftsmeister wird, war keine Überraschung. Die Weltauswahl aus der Kurstadt schlug im direkten Duell den SC Viernheim mit 5:3 und lag am Ende der Bundesliga-Saison mit makellosen 30:0 Punkten vor dem Verfolger (27:3). Eine größere Überraschung war hingegen bei der Endrunde im Bremer Weserstadion, dass der Münchener SC 1836 im Derby den FC Bayern München mit 4,5:3,5 bezwang. Zudem überflügelte der Aufsteiger bei jeweils 15:15 Zählern die Bayern dank der Brettpunkte mit 63 gegenüber 62 hauchdünn als Tabellenneunter.
Ein Rückblick auf die Saison und die GRENKE-Endrunde von Rainer Polzin
SF Berlin I, unsere erste Mannschaft in der Schachbundesliga, war wie fast immer in den letzten 25 Jahren mit dem Ziel Klassenerhalt in die neue Spielzeit gestartet. Die Vorsaison war mit Platz 7 und der Endrunde in Berlin gut gelaufen, eine Wiederholung schien dank der starken Konkurrenz ausgeschlossen. Der Saisonstart war solide, gute Ergebnisse wie der Sieg gegen München 1836 und das tolle Unentschieden gegen die Schachfreunde Deizisau wechselten sich mit eher schwächeren Vorstellungen wie gegen Düsseldorf ab. Aber im Sinne des Klassenerhalts lief es gut. Vor dem Finale in Bremen standen wir mit 9-11 Punkten auf einem ordentlichen 10. Platz, nach unten ging fast nichts mehr.